Integrationsprojekt ist Basis seines Meistertitels

Friseurhandwerk: Mohammed Juma erreicht großes Ziel

Oldenburg. „Mega-stolz“ fühlt sich Mohammed Juma. Der 2015 aus Syrien geflüchtete Mann hat im Dezember 2020 seine Meisterprüfung im Friseurhandwerk bestanden. Gratulationen hat der heute 27-Jährige viele bekommen - natürlich auch von Hussein Kerri. Der Integrationsberater der Handwerkskammer Oldenburg hat Juma von Anfang an begleitet. „Das Projekt hat ihm Türen geöffnet. Hindurchgegangen ist er selber“, freut sich Kerri.

IHAFA, das Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber, half Juma dabei, Vertrauen in einer zunächst fremden Gesellschaft aufzubauen. „Ich kam mit einem Pullover und einer Hose. Nun bin ich Meister. Solch einen Abschluss gibt es in Syrien gar nicht. Und bald werde ich Vater“, strahlt der Oldenburger.

Nach seiner Ankunft in Deutschland hörte Mohammed Juma von IHAFA. Eine Kompetenzfeststellung legte den Grundstein für seine Entscheidung, in das Friseurhandwerk zu gehen. Es folgten ein Praktikum und eine Einstiegsqualifizierung. In dieser Zeit sei es vor allem darauf angekommen, die Sprache zu lernen. Sein Betrieb bot ihm einen Ausbildungsplatz an und über seine offene Art knüpfte Mohammed Juma viele Kontakte, die wiederum sein Deutsch verbesserten.

In der Berufsschule kam er gut mit und zum Ende der Ausbildung reifte der Entschluss, gleich mit der Meisterschule weiterzumachen. „Die ersten zwei Wochen waren hart, aber dann bin ich besser reingekommen. Die Fachlehranstalt Oldenburg für Friseure und Kosmetiker ist gut organisiert und die Unterstützung der Dozenten war super.“ Gefallen hat ihm vor allem die Bandbreite von „Modelle frisieren, Kalkulation lernen, Chemie verstehen, einen Businessplan mit Salonphilosophie erstellen“.

Trotz seiner Karriere hat Mohammed Juma noch keine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Hussein Kerri ist aber zuversichtlich, dass dies nur eine Frage der Zeit ist. Die beiden haben vieles gemeinsam und bleiben weiterhin freundschaftlich miteinander verbunden. „Mohammed ist für junge Leute ein gutes Vorbild. Ich habe ihn gefragt, ob er als ‚Botschafter des Handwerks‘ zum Beispiel in Berufsschulklassen mitkommt und von seinem Werdegang berichtet. Über das Botschafter-Format möchten wir nämlich verstärkt für eine duale Ausbildung in den Handwerksberufen begeistern“, blickt Integrationsberater Kerri voraus.

Hintergrund zum Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber (IHAFA):

Das niedersächsische IHAFA-Projekt bringt Handwerksbetriebe und neu Zugewanderte zusammen. IHAFA führt Maßnahmen zur Berufsorientierung und Kompetenzfeststellung durch, vermittelt in Praktika, Einstiegsqualifizierung und Ausbildung und berät und begleitet Flüchtlinge, Unterstützer/-innen, sowie interessierte Handwerksbetriebe. Das Projekt läuft seit 2015. Es wird vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung finanziert und von den sechs regionalen Handwerkskammern in Niedersachsen durchgeführt.

Mohammed Juma freut sich im Saal der Handwerkskammer über seine bestandene Meisterprüfung.
© Torsten Heidemann / Handwerkskammer

Rückblick ins Jahr 2016: Mohammed Juma bekam von Integrationsberater Hussein Kerri die Einstiegsqualifizierung vermittelt.
© Torsten Heidemann

Ihr Ansprechpartner zum Thema Integration von Flüchtlingen:

Hussein Kerri Telefon 0441 232-240 kerri@hwk-oldenburg.de

Glücksfall für beide Seiten

Der Iraker Rayan Bybo und das Autohaus Heinemann haben zueinander gefunden. 

Rayan Bybo hat Spaß an seiner Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. „Die Kollegen sind nett. Und ich wollte unbedingt etwas mit Autos machen“, sagt der 18-Jährige, der vor drei Jahren aus dem Irak nach Deutschland kam. Nach zwei Jahren an der IGS Am Everkamp in Wardenburg stand für ihn fest: „Ich möchte in Deutschland arbeiten und hier bleiben.“ Über eine Schulveranstaltung wurde er auf das Handwerk aufmerksam und fragte im Autohaus Heinemann nach den Möglichkeiten.

„Eigentlich wollten wir nur einen Ausbildungsplatz besetzen. Aber nachdem Rayan bei uns drei Nachmittage zur Probe gearbeitet hat, haben wir ihn als zweiten Auszubildenden aufgenommen“, lässt Geschäftsführer Torsten Schultheiss durchblicken, welch guten Eindruck der 18-Jährige hinterlassen hat. Sebastian Timpe hat dies als Geselle in der Werkstatt hautnah erlebt: „Er hat sofort das umgesetzt, was wir ihm gezeigt haben und hat von sich aus schon nächste Arbeitsschritte erledigt.“

Kfz-Technikermeister Jens Speckmann betreut Rayan Bybo als Ausbilder. „Für mich ist es Neuland, die Verwaltungsaufgaben rund um das Ausbildungsverhältnis eines Geflüchteten zu organisieren. Ich stehe mit mehreren Institutionen in Kontakt.“ Dem geflüchteten jungen Mann hat er angeboten, auch nach dem eigentlichen Feierabend Fachbegriffe zu erklären und beim Führen des Berichtheftes zu helfen. „Es klappt bislang gut, weil Rayan einfach ehrgeizig ist.“ Dies gilt auch für die Berufsschule: „Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich nach“, lautet die Devise des 18-Jährigen, der einen anerkannten Flüchtlingsstatus mit Beschäftigungserlaubnis hat.

Das Ziel lautet „Gesellenprüfung“: Rayan Bybo hört gut zu, was Geselle Sebastian Timpe ihm erklärt
© Handwerkskammer Oldenburg

Rayan Bybo ist einer von 180 jungen Menschen mit Fluchthintergrund, die 2018 eine handwerkliche Ausbildung zwischen Wilhelmshaven und dem Oldenburger Münsterland begonnen haben. Am häufigsten wurden die Ausbildungen zum Kfz-Mechatroniker (32), Elektroniker (30), Friseur (26) und Anlagenmechaniker SHK (23) gewählt. Die Herkunftsstaaten sind überwiegend Afghanistan (71), Syrien (57) und Irak (39).

Bei der Handwerkskammer ist Ende 2015 das Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber, kurz „IHAFA“, angesiedelt worden. „Geflüchtete und Betriebe haben bislang überwiegend positive Erfahrungen gemacht – was nicht heißt, dass eine solche Ausbildung einfach oder gar ein Selbstläufer ist“, berichtet Hussein Kerri. Der Integrationsberater betreut mit seinem Kollegen Rüdiger Manke die neuen Azubis. Hinzu kommen die älteren Kontakte und stetig neue. Die Handwerksbetriebe können sich zudem an den Willkommenslotsen Marco Janssen wenden.

Hussein Kerri war dann auch derjenige, der auf der Schulveranstaltung der IGS Wardenburg über die duale Ausbildung im Handwerk gesprochen hat. „Danach kam Rayan zu mir, um sich individuell zum Thema Berufsorientierung und duale Ausbildung im Handwerk beraten zu lassen. Bemerkenswert bei ihm war seine Entschlossenheit, Perspektiven zu erkunden. Er hat schnell begriffen, wie wichtig ein beruflicher Abschluss in Deutschland ist“, betont Kerri.

Problemlose Integration

Das Heimatland von Hakar Khalaf ist der Irak. Von Krieg, Gewalt und schwindenden Ressourcen gebeutelt, haben Millionen Menschen das Land verlassen.

Hakar Khalaf war 16 Jahre alt, als er in Deutschland ankam. Oldenburg ist für ihn und seine Familie mittlerweile zu einem neuen Zuhause geworden.

Integration und Deutschlernen hat über die Schule stattgefunden. Nach einem Berufsvorbereitungsjahr suchte der Kurde mit jesidischem Glauben in den Gelben Seiten nach Metallbaubetrieben und bewarb sich unter anderem bei Heiko Kirchner in Wardenburg. Der Geschäftsführer der Kirchner Stahlbau GmbH hat Hakar Khalaf in einem Praktikum beobachtet und ihm einen Ausbildungsvertrag gegeben. 

© Handwerkskammer

Zufrieden: Betriebsinhaber Heiko Kirchner kann sich auf Hakar Khalaf verlassen.

„Mir war wichtig, dass er schon einigermaßen Deutsch spricht. Das war der Fall. Darauf kann man fürs technische Vokabular aufbauen“, sagt Heiko Kirchner. Ohne ausbildungsbegleitende Hilfen und ohne große Thematisierung der Vergangenheit ist der 21-jährige Khalaf durch das erste Lehrjahr marschiert. Verlässlichkeit und Sozialverhalten werden im Betrieb mit „läuft alles super“ kommentiert. Arnd Hemmelskamp, Prokurist der GmbH meint, dass Khalaf anders als einige Deutsche den Ausbildungsplatz zu schätzen weiß. „Für ihn ist es eine Chance und er nutzt sie. Macht er so weiter, dann hat er beste Aussichten auf eine Übernahme“, blickt Hemmelskamp voraus.

Zwei Plätze wollte Heiko Kirchner für das neue Ausbildungsjahr vergeben. Von fünf Bewerbern fielen drei durch. Einer hat sich anderweitig entschieden und einer fängt nun an. „Er kommt aus Syrien“, berichtet Kirchner und glaubt vom ersten Eindruck her an einen ähnlich guten Verlauf wie bei Hakar Khalaf.