Studientagung in der Handwerkskammer (v. li.): Dr. Hildegard Sander, Stefan Cibis, Stephanie Wlodarski, Bischof Thomas Adomeit, Stefanie Seyfarth, Dr. Dirk Oppenborn-Reccius und Hille de Maeyer.
© Torsten Heidemann / Handwerkskammer Oldenburg

„Moin Grundgesetz“: Was haben die Werte des Grundgesetzes mit uns zu tun?

Die Spitzenvertreter der Arbeitnehmerseite der norddeutschen Handwerkskammern haben sich zur Studientagung in Oldenburg getroffen. 

erstellt am 2. September 2025

Oldenburg. „Die Spätfolgen von Corona, die Energie- und Klimakrise, kriegerische Konflikte, drohende Wohlstandsverluste und Aufrüstungsdebatten verunsichern nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch unsere Gesellschaft. Das merken wir alle, der Ton wird rauer. Es ist Zeit, sich wieder mit den gemeinsamen Werten zu befassen, die ein Miteinander mit Respekt und Verantwortung möglich machen!“ Mit diesen Worten hat Stephanie Wlodarski, Vorstandsmitglied der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (LHN), ihre Kolleginnen und Kollegen aus ganz Norddeutschland zur dreitägigen Studientagung „Moin Grundgesetz – Das Handwerk als Wertegemeinschaft und Stabilisator“ in Oldenburg begrüßt.

„Handwerk ist eine Wertegemeinschaft“, betonte der gastgebende Arbeitnehmervizepräsident Stefan Cibis. „Wir können unterschiedliche Blickwinkel auf verschiedene Themen haben – auch von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Wichtig ist und bleibt aber der respektvolle Umgang miteinander.“ Thomas Adomeit, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und Beauftragter des Handwerks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigte sich erfreut, dass das Handwerk eine Wertediskussion im Rahmen der Studientagung von Handwerk und Kirche führt. Er appellierte: „Gemeinsame Werte müssen wieder stärker in den Mittelpunkt rücken und sichtbar werden – in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Unser Grundgesetz bildet dafür ein gutes Fundament. Es weist in der Präambel auf die große Verantwortung vor Gott und den Menschen hin.“

Mit Dr. Dirk Oppenborn-Reccius, einem ausgewiesenen Experten aus dem Team der Landtagsjuristen aus Hannover, eröffnete sich eine breite und vertiefte Debatte um die wichtigsten Werte des Grundgesetzes, wie zum Beispiel die Menschenwürde, die Freiheit des Einzelnen, der Gleichheit vor dem Gesetz, der Meinungsfreiheit, der Glaubens-, Bekenntnis- und Versammlungsfreiheit.

Dabei stellen sich Fragen, wie: Wo schützen uns diese Werte persönlich, welche Bedeutung haben sie im Umgang miteinander und wie finden sie sich im Arbeitsleben wieder. Die Diskussion unter den Spitzenvertretungen der Arbeitnehmerseite macht sehr deutlich: Das Handwerk versteht sich nicht nur als Wirtschaftskraft, sondern auch als Wertegemeinschaft mit einer Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt. Gemeinsame übergeordnete Werte lassen sich über betriebliche Leitbilder in den Betrieben verankern.

Susann Ruppert, Geschäftsbereichsleiterin Wirtschaftsförderung bei der Handwerkskammer Oldenburg, gab einen Einblick, wie Leitbilder in Unternehmen entwickelt werden können und wie sie in einem Team klare und transparente Leitplanken geben. „Wichtig ist, Leitbilder nicht nur zu entwickeln, sondern sie zu leben“, betonte sie. „Wenn ein Team gemeinsam definiert, was ihm wichtig ist – beispielsweise Offenheit, Verlässlichkeit und Respekt – können diese Werte dem Betriebsalltag einen insgesamt guten Rahmen geben.“

Ilse Endjer, Geschäftsführerin der Tischlerei am Meer GmbH & Co.KG, und Malermeisterin Friederike Mönnig, Inhaberin des Malerfachbetriebs Anton Mönnig zeigten aus Arbeitgebersicht auf, was für sie ein gutes Team bedeutet, von welchen Werten sie sich in der Führung leiten lassen und wie die gemeinsamen Werte in ihren Unternehmen gelebt werden. Jörg Klein, Vizepräsident der Handwerkskammer für Ostfriesland und in leitender Funktion bei der Lorenz-Bäcker-Victorbur GmbH, brachte die Sicht der Beschäftigten ein. Das wertschätzende Miteinander sei für ihn das beste Rezept für ein funktionierendes Team.

In der anschließenden Abschlussdiskussion wurde deutlich, dass das Grundgesetz ein guter Leitfaden für die Entwicklung eines Leitbildes im Betrieb ist. Es werde immer wichtiger werden, die Betriebskultur und den Teamgeist im Handwerk nach außen zu tragen. Mit der Entwicklung eines Leitbildes ist dieses für viele Betriebe noch einfacher. „Dabei zeigt sich, dass der Gottesbezug in der Präambel kein Widerspruch zur Offenheit des Grundgesetzes gegenüber allen Religionen und gegenüber Nichtgläubigen ist. Auch an dieser Stelle zeigt sich die hohe Relevanz des Grundgesetzes für die aktuellen Themen der heutigen Zeit“, so die Handwerkspastorin Hille de Maeyer. „Gleichzeitig bieten gemeinsame Werte in einer Welt voller Unsicherheiten einen Schutzrahmen der Verlässlichkeit, der heute wichtiger ist denn je“, resümierte Dr. Hildegard Sander, Hauptgeschäftsführerin der LHN, die dreitägige Studientagung. Die Tagung endete mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der St. Lamberti-Kirche in Oldenburg.