Die Friseur-Innung Oldenburg nutzte den Auftakt des Kramermarktes, um die Aktion „Meerwert“ öffentlichkeitswirksam zu starten.
© Ricus Dirks

Friseure befreien mit Haaren das Meer von Öl

Mit den abgeschnittenen Haaren beim Friseurbesuch das Meer von schädlichem Öl befreien? – Klingt absurd, ist aber bei Betrieben der Friseur-Innung Oldenburg Realität.

Der natürliche Rohstoff Haar besitzt eine wertvolle Eigenschaft: Unsere Locken können sehr gut Fette aufnehmen. Was Tag für Tag auf unserem Kopf passiert und dafür sorgt, dass wir unsere Haare regelmäßig waschen sollten, endet allerdings nicht mit dem Friseurbesuch. Auch abgeschnittene Haare sind weiterhin dazu in der Lage, Fette zu binden. Sogar bis zu acht Liter Öl kann ein Kilogramm Haare aufnehmen. Grund genug für die Friseur-Innung Oldenburg, ihrem täglich anfallenden Abfallprodukt ein zweites Leben zu schenken.

Kreativer Ansatz

Das Friseurhandwerk leidet unter den Spätfolgen der Corona-Pandemie und den Auswirkungen der Energiekrise. „Unsere Kunden mussten lange nötige, aber unbequeme Hygienevorschriften beim Haarschnitt über sich ergehen lassen. Obendrein wird nun alles teurer. Das wirkt sich nicht nur auf das verfügbare Budget der Kunden, sondern auch auf unsere Kalkulation aus“, fasst Oliver Bremer, stellvertretender Obermeister, die Situation zusammen.

„Unsere Salons müssen beheizt und hell sein, unsere Föhne brauchen Strom und die Anhebung des Mindestlohns ab Oktober zieht Lohnsteigerungen auf vielen Gehaltsstufen nach sich,“ führt Bremer weiter aus. „Da stößt eine Preiserhöhung natürlich auf wenig Gegenliebe und sicherlich überlegt sich der ein oder die andere zweimal, ob ein Besuch schon wieder sein muss.“ Genau deshalb wollen die Innungsbetreibe trotz der unausweichlichen Preiserhöhung einen echten Mehrwert bieten. In diesem Fall wird daraus ein „Meerwert“.

Haare werden zu Ölfiltern verarbeitet

Die beim Haarschnitt in teilnehmenden Innungsbetrieben anfallenden Haarreste werden zunächst im Salon gesammelt und von der Organisation „HAIR HELP the Oceans“ regelmäßig abgeholt. Anschließend wird der Rohstoff in alte Nylonstrümpfe gefüllt, aus denen schwimmende Haarschläuche geknüpft werden. Diese können bei Ölverschmutzungen in Gewässern dafür genutzt werden, um den Katastrophenherd sowohl physisch einzugrenzen als auch das ausgelaufene Öl zu binden.

Weiterer Vorteil: Die Haarschläuche lassen sich bis zu acht Mal waschen und erneut verwenden. So trägt jeder einzelne Haarschnitt dazu bei, Ölkatastrophen ganz ohne Chemikalien zu bekämpfen. Unter natürlichen Bedingungen kann der bakterielle Abbau von Öl etliche Jahre dauern – zu lang, um langfristige Umweltschäden zu vermeiden. 

Kampagne funktioniert auf verschiedenen Ebenen

Um auf das Engagement der Innungsbetriebe aufmerksam zu machen, wurde eine ganzheitliche Kampagne unter dem Motto „Aufpreis mit Meerwert“ entwickelt. Teilnehmende Betriebe wurden mit informativen Werbemitteln ausgestattet und erhalten Social-Media-Vorlagen für ihre eigenen Kanäle.

„Wer sich ab Oktober auf den Frisierstuhl in einem teilnehmenden Salon setzt, wird von einem Spiegelsticker begrüßt, auf dem ‚Während Sie hier sitzen, befreien Sie das Meer von Öl‘ prangt. Dazu sind passende Flyer zum Mitnehmen ausgelegt, die mit spannenden Fakten über die Aktion informieren,“ erklärt Ricus Dirks, Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit bei der Kreishandwerkerschaft Oldenburg und mitverantwortlich für die Kampagne. Den Auftakt der Kampagne machte ein „Meerwertmobil“ auf dem Oldenburger Kramermarktsumzug.