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Sicherer Umgang mit Diisocyanaten

Schulungspflicht für Anwender

Stoffe oder Gemische mit einem Diisocyanatgehalt von mehr als 0,1 Gew.-% dürfen ab dem 24. August 2023 industriell oder gewerblich nur nach einer erfolgreich absolvierten Schulung verwendet werden. Dies resultiert aus einer Änderung der REACH Verordnung. Ohne einen entsprechenden Schulungsnachweis besteht nach dem genannten Datum ein Verwendungsverbot. Zuwiderhandlungen werden in Deutschland auf Basis des Chemikaliengesetztes und der Chemikaliensanktionsverordnung geahndet. Zuständig sind die einzelnen Überwachungsbehörden (z.B. Marktaufsicht, Umweltbehörden oder staatliche Ämter für Arbeitsschutz) der Bundesländer.

Gefährdungspotenzial durch Diisocyanate

Diisocyanate sind häufig Auslöser von berufsbedingten Atemwegserkrankungen. Schon geringe Konzentrationen können zu einer Sensibilisierung führen. Eine hohe Gefährdung durch Einatmen („inhalative Gefährdung“) kann insbesondere bei Spritzanwendungen vorliegen. Durch Hautkontakt können lokale toxische und allergische Reaktionen auftreten. In der Gefährdungsbeurteilung muss aber auch berücksichtig werden, dass wiederholter Hautkontakt eine stoffspezifische Atemwegssensibilisierung auslösen kann.

In der Europäischen Union erkranken jährlich schätzungsweise 5.000 Beschäftige an berufsbedingten Asthma durch Diisocyanarten.

Anwendungsbereiche

Diisocyanate kommen in Klebstoffen, Dichtstoffen, Schäumen, Gießharzen, Beschichtungen und Lacken vor und sind damit neben Polyolen Hauptbestandteil von Polyurethanen (PU). Tätigkeiten mit diesen Stoffen / Produkten finden z.B. statt in den Branchen Elektronik und Elektrotechnik, Energieversorgung, Feinmechanik, Baugewerbe, Orthopädietechnik, Textilveredelung und Textilgewerbe, Flugzeugbau, Automobilzulieferung und Fahrzeuginnenausstattung, Verpackungstechnik und Kunststoff-Formteile-Herstellung, in Druckereien und Buchbindereien, Schuhmachereien und Orthopädie-Schuhmachereien.

Seit August 2020 gilt im Rahmen der REACH-Verordnung (Anhang XVII) eine neue Beschränkungsregelung für Produkte, die Diisocyanate enthalten. Die Verordnung (EU) 2020/1149 gilt für gewerbliche Produkte mit einer Diisocyanatkonzentration ab 0,1 Gewichts-Prozent. Das bedeutet, dass Diisocyanate als Stoff oder als Bestandteil von Gemischen vorliegen. Ob Ihr Betrieb von der Regelung betroffen ist, lässt sich schnell mithilfe des Sicherheitsdatenblatts überprüfen. Es zeigt im Abschnitt 2, ob in dem jeweiligen Produkt Diisocyanate enthalten sind.

Umfang der Schulungen

Die Beschränkungsregel sieht drei Gefährdungsstufen und den Gefährdungen angepasste Schulungsinhalte vor. Die Schulungen sollen die von Diisocyanaten ausgehenden Gefahren verdeutlichen und die Anwenderinnen und Anwender dazu bewegen, die notwendigen Schutzmaßnahmen einzuhalten. Die Schulungen müssen alle fünf Jahre wiederholt werden.

Eine geringe inhalative Gefährdung liegt vor, wenn sich keine Aerosole bilden, keine staubbildenden Pulver eingesetzt werden und keine Erwärmung stattfindet. Dazu gehören Tätigkeiten wie das Schäumen von Montageschäumen mit Aerosoldosen. Für diese Tätigkeit reicht die Basisschulung.

Zu einer mittleren inhalativen Gefährdung kommt es bei Tätigkeiten mit offenen Gemischen bei Raumtemperatur. Darunter fallen viele Tätigkeiten in der Bauwirtschaft wie das Streichen oder Spachteln von Beschichtungen oder Farben. Auch das Sprühen in Spritzkabinen fällt unter diese Gefährdung. Für diese Tätigkeit müssen die Basisschulung und die Aufbauschulung absolviert werden.

Eine hohe inhalative Gefährdung liegt bei Tätigkeiten mit hohem Diisocyanatkonzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz vor. Dabei kann es sich z.B. um Produkte mit hohen Gehalten flüchtiger Diisocyanate wie TDI und HDI handeln. Zu diesen Gefährdungen zählen auch alle Tätigkeiten, bei denen die Produkte über 45°C erwärmt werden. Für diese Tätigkeiten muss neben der Basisschulung und der Aufbauschulung auch die Fortgeschrittenenschulung absolviert werden.

Informationen der BG BAU zum Thema "Gefahrstoffe"

Dipl.-Ing. (FH) Michael Sandmann Telefon 0441 232-214 Telefax 0441 232-55214 sandmann@hwk-oldenburg.de